Ich werde nie eine gut erzogene Frau sein
Brav nickend? Mit mir nicht
Ich möchte mit dir teilen, warum ich gutes Benehmen nie lernen werde. Ich lerne stattdessen, an der richtigen Stelle Feuer zu spucken.
Etwas Aufsässiges trug ich schon immer in mir. Ich gehörte schon als Kind zu den Mädchen, die mit den Jungs aus dem Klassenraum flogen, weil sie den Unterricht störte. Während sich meine Mitschüler gegenseitig mit Papierkügelchen bewarfen, hatte ich mit meiner Nachbarin gequasselt. „10 Minuten vor die Tür“ schien die angemessene Strafe, um mein Temperament zu bändigen. So dachte man. Was meine Lehrer damit erreichten, war das Gegenteil. Das Feuer in mir brannte noch stärker.
Andere Lehrer wählten den Weg, mich an die Tafel zu zitieren und eine Aufgabe vor der gesamten Klasse zu lösen. Nichts leichter als das. Gehörte ich doch immer zu den Klassenbesten. Meine Energie blieb ungezähmt und lebendig. Ich konnte es mir „erlauben“, nie meinen Mund zu halten. Ich redete, wenn ich das wollte und über das, was ich für richtig hielt. (Rückblickend finde ich es heute etwas respektlos von mir.)
Sollte ich lieber schweigen?
Meine Eltern haben sich immer Zeit genommen, um meine Lehrer beim Elternsprechtag kennenzulernen. Sie hat die Meinung meiner Lehrer interessiert. Was sie hörten, deckte sich mit der Kati, die sie von zuhause kannten. Eine Sache wurde immer wieder betont: Meine „vorlaute Klappe“ setzte ich nicht nur für mich selbst ein, sondern auch für meine Mitschüler. Ich stand auf, wenn Ungerechtigkeit bei der Notenvergabe herrschte oder Mitschüler im Sportunterricht ausgeschlossen wurden. Ich machte den Mund auf, wenn das System für mich nicht stimmig war und meine Werte verletzt wurden. Ich fragte mich oft: „Warum sagt denn jetzt keiner etwas?“ Also tat ich es.
Man wird ja mal was sagen dürfen
Was mir in der Schule und im Studium nur schräge Blicke und ermahnende Worte einbrachte, nahm im Berufsleben andere Züge an. Ich polarisierte mit meiner selbstbewussten Meinung. Ich erinnere mich noch an Diskussionen mit meinem ersten Chef. Wir waren nicht immer einer Meinung, aber von ihm lernte ich, offen für Feedback zu sein. In seiner Abschiedskarte an mich hinterließ er schließlich die Zeilen: „Frau Thomas, ich danke Ihnen für Ihre schonungslose Offenheit.“ Ja, so bin ich wohl. Schonungslos offen. Die einen lieben es, die anderen nicht.
Kein starres Systemdenken und Autoritätsgefüge haben mich bisher davon abgehalten, Dinge zu hinterfragen. Ich spreche an, was andere offensichtlich nicht hören oder sehen wollen. Ich orientiere mich an meinen Werten. Ich unterhalte mich mit Vorständen genauso wie mit Putzkräften und Pförtnern. Für mich zählt nie, woher du kommst oder wieviel Geld du hast, sondern immer schon, ob mich das, was du mir zu erzählen hast, packt und überzeugt. Je stärker mein Umfeld Macht demonstriert, desto lauter stelle ich die Frage: „Um was geht es hier gerade? Um Macht oder den Menschen?“
Freiheitskämpferin oder Staatsfeind Nummer 1?
Ja, mit Hierarchiedenken habe ich ein Problem. Ich begegne jedem Menschen auf Augenhöhe und es macht mich wütend, wenn andere das nicht tun. Unterdrückung und Ausnutzung von gesellschaftlich anerkannten Machtpositionen machen mich rasend. Woher diese Wut kommt? Das habe ich mich auch oft gefragt. Gerade dann, wenn ich als verwundete Kriegerin nach Hause ging und meine Wunden versorgte. Wie oft habe ich mir schon gewünscht, wie andere zu sein und einfach einmal still auf meinem Platz zu bleiben.
Ich bin anders, aber erfolgreich darin. Mir gelingt es, Zustände zum Besseren zu drehen. Den Preis, den ich dafür zahle, ist das Gefühl der Verlassenheit. Manch andere sind nicht bereit, blaue Flecken zu riskieren, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Sie lassen mich alleine losziehen und wählen die Strategie des Abwartens oder Aussitzens. Oder eine, die im Außen nicht sichtbar ist. Welcher Weg der bessere ist, weiß ich nicht. Ohne Zweifel war ich in einigen Sachen verblendet. Manchmal wusste ich es besser als alle anderen. Manchmal wählte ich nicht den cleversten Weg. Manchmal ärgerte ich mich über mich selbst, dass ich aus Trotz reagierte.
Da brennt dieses Feuer in mir
Ich verbrannte mir oft die Finger. Auch an meinem eigenen Feuer. Und das ist auch heute noch so. Ich habe eine Kraft in mir, die unüberwindbare Mauern durchbrechen kann. Ich hinterlasse Spuren auf dem Weg, den zuvor noch niemand gelaufen ist. Ich habe eine spitze Zunge, die verletzend sein kann. Und auf meinem Rücken ein Köcher voller Pfeile, die darauf warten, für Freiheit und Menschlichkeit zum Einsatz zu kommen. Und je länger ich unterwegs bin, desto bewusster werde ich mir meiner Kraft. Ich lerne, Grenzen anderer zu akzeptieren und meine Energie zu fokussieren. Ich lerne, meine Stimme für das zu benutzen, was mir wirklich, wirklich wichtig ist. Aber eines werde ich nie lernen:
Brav zu nicken.
In Demut,
deine Kati
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Deine Kati